Mein Hüsli, dein Hüsli

5 Fragen an Benedikt Loderer

Nicht altersmilde sei er, sondern voller Alterswut, schreibt der als Stadtwanderer bekannte Benedikt Loderer 2012 im Vorwort seines neuen Buchs «Die Landesverteidigung - Beschreibung eines Schweizer Zustandes». In Pension wollte er eigentlich gehen, nun hat er sich noch einmal mit Nachdruck, Scharfsinn und Witz für jene Sache eingesetzt, für die er in den letzten Jahrzehnten eingestanden ist. Für eine intakte Landschaft, lebenswerte Städte, gegen die Zersiedelung, gegen die «Hüsli-Ideologie».

 

Eins: Gegen Zersiedelung, jene grassierende wahl- und planlose Bebauung des Landes, sind zwischenzeitlich fast alle, schreiben Sie selbst im Prolog Ihres Buches. Weshalb haben Sie sich dennoch noch einmal, anstatt den Ruhestand zu geniessen und durch die Städte zu spazieren, mit ihrem Buch in die Diskussion eingeschaltet?

Benedikt Loderer: Dein Hüsli ist Zersiedelung, mein Hüsli ist Naturliebe. Im Prinzip sind wir alle gegen die Zersiedelung, doch für mein Hüsli muss man eine Ausnahme machen. Lippenbekenntnisse! Dagegen muss man kämpfen.

Zwei: Aus welchen Gründen konnte sich die Zersiedelung seit den 1950er Jahren in der Schweiz so tief ins Land fressen?

Benedikt Loderer: Erstens, weil der Wohlstand ausbrach, wir konnten uns die Zersiedelung leisten. Zweitens, weil wir Hüsligläubige sind, von den alemannischen Streusiedlern abzustammen glauben. Drittens, weil wir Autobahnen bauten, ohne an den Zusammenhang von Verkehr und Siedlung zu denken.

Drei: Ist das Raumplanungsgesetz, über das wir am 3. März 2013 abstimmen, aus Ihrer Sicht ein gutes Gesetz?

Benedikt Loderer: Was nützt ein gutes Gesetz, wenn es nicht durchgesetzt wird? So funktioniert Papas Föderalismus: Die Kantone schlampen und der Bund hat nichts zu sagen. Die Revision, über die wir abstimmen, will nur dem Gesetz zum Durchbruch verhelfen.

Vier: Können Sie den Argumenten der Gegner des neuen Raumplanungsgesetzes etwas abgewinnen?

Benedikt Loderer: Ich verstehe die Gewerbler gut. Ihnen geht es ums Einzonungegeschäft. Das ist es, was sie mit Freiheit meinen. Doch die Landschaft ist zu wichtig, als dass man sie den Banken, der Bauwirtschaft und den Grundeigentümern überlassen kann.

Fünf: Sie machen in Ihrem Buch erstaunlicherweise auch ein feuriges Plädoyer für die Agglo. Das Ziel sei die Verdichtung in den Agglomerationen und deren Verstädterung. Allerdings scheint es einem zuweilen, dass vielmehr  – zum Beispiel in Ihrer neuen Wahlheimat Biel – eine umgekehrte Tendenz im Gange ist,  dass die Städte selbst zu Agglos avancieren durch billige Investitions- und Wegwerfbauten.

Benedikt Loderer: Die Agglo ist die heutige Form der Stadt. Das, was wir früher Stadt nannten, ist heute ein Quartier davon. Wir haben die Agglo, also müssen wir sie verbessern. Erdichten heisst: Die Agglo zur Stadt umbauen.

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